Einsatz von bis zu 7.300 € pro Jahr fürs Parken ohne Licht!

„Zeitenwende“ hat es der Bundeskanzler genannt, als die Ukraine erneut zum Kriegsschauplatz wurde. Bei uns im beschaulichen Schaumburger Land weitab jeglicher Kriegsgeschehnisse wurde spätestens mit der Ankunft der ersten ukrainischen Geflüchteten klar: Wir sind mitten drin im Weltgeschehen!

Insbesondere unser Portemonnaie bekam jetzt immer stärker die Auswirkungen zu spüren: Lebensmittel, Benzin, Gas, Strom – jede Woche gab es neue Hiobsbotschaften mit noch höheren Preisen.

Schnell wurde jedem klar, dass dieser Angriffskrieg in der Ukraine auch ein Energie-Krieg in Westeuropa ist. Sparen war das Gebot der Stunde. „Weniger ist mehr“ sagten sich auch der Rat und die Verwaltung der alten fürstlichen Residenzstadt Bückeburg, als sie ihren Blick auf die gestiegenen Stromkosten für die Straßenbeleuchtung warfen.

Ratsbeschluss: Abschaltung der Straßenlaternen in der Nacht

Schnell beschloss die Stadt ihr Stadtsäckel etwas zu entlasten und will nun demnächst die Straßenlaternen in tiefster Nacht einige Stunden abschalten.

Als der Beschluss bekannt wurde, informierte die heimische Presse über die straßenverkehrstechnischen Verhaltensregeln, wenn ein Auto nachts auf der Straße geparkt wird und dann irgendwann das Licht ausgeht: Das Parklicht ist einzuschalten! Zuwiderhandlungen können mit einem Bußgeld von 20 € geahndet werden.

Nach ein paar Wochen Stille beklebte nun der Bückeburger Bauhof in den letzten Tagen so gut wie jede Straßenlaterne, die nicht an einer Kreuzung steht, mit einem weiß-rot-weißen reflektierenden Streifen („Verkehrszeichen 394“) und demnächst ist es dann tatsächlich in der tiefsten Nacht stockdunkel in der ganzen Stadt.

Nicht, das dann nur Diebe und Strolche freie Bahn haben, weil sie ja bei ihren Aktivitäten von wachsamen Nachbarn nicht mehr beobachtet werden können – nein auch der „normale“ Autofahrende und Parkende in der Stadt Bückeburg rückt in den Fokus der örtlichen Polizei und Justiz.

Zu wenig Parkplätze und Parkstreifen in Bückeburg

Denn das Problem liegt auf der Hand: Bückeburg hat zu wenig Parkstreifen in den Wohngebieten. Ursprünglich vorgesehene Parkplätze wurden nie gebaut, die steigende Autoanzahl pro Haushalt tut ein Übriges –  echte Parkplätze können gerade am Wochenende und in den Abendstunden zur absoluten Mangelware werden. Die Konsequenz: Man muss natürlich auf der Straße parken.

Aber da ist ja dann noch die angepriesene Lösung aus Presse, Politik und Verwaltung mit dem Parklicht – die bei genauerer Betrachtung und bei ersten Umsetzungsversuchen erstaunlicherweise in unserer hochtechnisierten Welt sich ganz schnell in Luft auflöst: Denn viele Autos heutzutage haben gar kein Parklicht mehr. Insbesondere ausländische Marken verzichten zum Teil generell darauf.  Laut Straßenverkehrsordnung ist das auch möglich. Als Alternative wird dann das Standlicht genannt.

Bückeburg wird zum Eldorado für den Pannendienst

Jeder der heute ein Auto fährt, weiß was das im Ernstfall bedeutet – Das Ergebnis dieser Lösung sind leere Autobatterien! Denn kaum ein Fahrzeug hält mit eingeschalteten Standlicht oder Parklicht mehr als ein paar Stunden durch. Die kühlen Temperaturen verstärken das Problem. Daran hatte wohl keiner der Verantwortlichen für diesen „Stromsparbeschluss“ gedacht.

Die Autowerkstätten werden sich freuen und sollten schon mal einen größeren Vorrat Batterien anlegen und der Pannendienst sollte seine Fahrzeugflotte ausbauen, wenn morgens die gestrandeten Autofahrenden nicht zur Arbeit starten können.

Bußgeldroulette für die Bürger?

Lässt man hingegen die nächtliche Beleuchtung am Auto aus, nimmt man wahrscheinlich automatisch am täglichen Bußgeldroulette der örtlichen Polizei teil. 20 € werden fällig, wenn man ohne Licht parkt. Glück hat jeder, der nachts nicht ertappt wird. Im Jahr können da schon bis zu 7.300 € zusammenkommen.

Sozialer Unfriede ist vorprogrammiert!

Mein Appell an Rat und Verwaltung, dass hier ganz schnell auch der soziale Friede in Gefahr ist, bleibt bis jetzt ungehört.

Das Licht darf in den Wohngebieten nicht abgestellt werden! Wir möchten gerne weiterhin ein gutes Verhältnis zu unseren Nachbarn haben. Wir mögen keinen Streit und keine Gewalt auf der Straße um die letzten freien Parkplätze am Abend.

Hunderte haben keine andere Parkmöglichkeit und viele können auch das Bußgeld nicht bezahlen. Warum investiert man nicht vorher in energiesparende Straßenlaternen mit LEDs und schafft mehr Parkbuchten in den Wohngebieten? Keiner möchte zum Mitspieler im Bußgeldroulette werden.

Über den/die AutorIn

Stephan Hartmann

Für Dipl. Sozialarbeiter Stephan Hartmann ist sein Beruf als Berater für Zuwanderer mit Migrationshintergrund im Landkreis Schaumburg ein Herzensthema, das ihn auch privat nicht loslässt. Bei der Gründung der Initiativen "Alle unter einem Dach" aus Bückeburg und "Schaumburg ist bunt" wirkte er maßgeblich mit. Verbunden damit ist ein starkes Engagement gegen rechtsextreme Gruppierungen. Die Chormusik begleitet das Leben Hartmanns seit seiner Kindheit. Er war 14 Jahre Sänger des Schaumburger Jugendchores. Konzertreisen führten ihn durch viele Länder Europas, Russland, die USA und nach Japan. Die dabei gesammelten Erfahrungen waren sicherlich prägend für seinen beruflichen Werdegang. Seit 1998 singt er im Schütte-Chor. Darüber hinaus erstellt und vermarktet er nebenberuflich digitale Tonaufzeichnungen von Chorkonzerten - vorwiegend des Schütte-Chores - und widmet sich der Fotografie. Professionelles Helfen und ehrenamtliches Engagement im sozialen und musikalischen Bereich prägen heute seinen Lebensrhythmus.

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